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Pressekonferenz zur Studie von Dr. Basak Baglayan

PRESSEMITTEILUNG

4. Mai 2021




Studie über die Durchführbarkeit einer gesetzlichen Sorgfaltspflicht für Unternehmen:


Nationale Gesetzgebung im Bereich Menschenrechte und Unternehmen: fundiert und realisierbar


Die Initiative pour un devoir de vigilance, bestehend aus 17 Organisationen der Zivilgesellschaft, begrüßt die rezente Veröffentlichung der Studie von Dr. Basak Baglayan, wie sie im Koalitionsabkommen vorgesehen war. Diese Studie untersucht die Möglichkeit, eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen mit Sitz in Luxemburg gesetzlich zu verankern, um so die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards in ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu gewährleisten.


"Diese Studie ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer nationalen Gesetzgebung, um den Respekt der Menschenrechte bei den wirtschaftlichen Aktivitäten luxemburgischer Unternehmen zu gewährleisten. Es zeigt, dass ein nationales Gesetz sowohl fundiert als auch machbar ist. Die Gesetzgebung wird nicht nur den betroffenen Menschen, sondern auch den Unternehmen und unserem Land zugutekommen", so die Vertreter der Initiative.


In der Tat können wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen überall auf der Welt negative Auswirkungen auf die Menschenrechte haben: Kinderarbeit, massiver Einsatz von gesundheitsgefährdenden Giftstoffen, Zwangsarbeit, Landraub, Umweltschäden usw. Unternehmen mit Sitz in Luxemburg sind oder könnten daran beteiligt sein.


Diese luxemburgische Studie wird zu einem Zeitpunkt vorgelegt, in der unsere Nachbarländer proaktiv handeln, wie in Deutschland, wo ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wurde, oder wie in Belgien, wo im April 2021 ein Gesetzentwurf im Parlament eingebracht wurde. In Frankreich gibt es seit 2017 ein Gesetz pour un devoir de vigilance. In den Niederlanden wurde im März 2021 ein ambitiöser Vorschlag erstellt, um das bestehende Gesetz betreffend der Kinderarbeit zu einem Gesetz zu erweitern, das alle Menschenrechte umfasst.“ In diesem Zusammenhang betonen die Verantwortlichen der Initiative: "Ein luxemburgisches Gesetz wird es unserem Land also ermöglichen, sich in diese Dynamik einzubringen, zumal auf globaler Ebene die Ambitionen Luxemburgs mit seiner Kandidatur für einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen noch weitaus größer sind. "



Ende einer wenig hilfreichen Debatte und erste Schritte in die richtige Richtung


In den letzten Monaten lag der Fokus der Debatte leider auf die relativen Vor- und Nachteile einer Gesetzgebung auf europäischer Ebene im Vergleich zu einer Gesetzgebung auf nationaler Ebene konzentriert. Die Initiative pour un devoir de vigilance begrüßt ausdrücklich die Feststellung der Studie, dass "diese Debatte wenig hilfreich (unhelpful) ist, wenn man bedenkt, dass sich die Verabschiedung von nationalen und europäischen Gesetzen nicht gegenseitig ausschließen."


Die Initiative pour un devoir de vigilance begrüßt ausdrücklich, dass die Regierung dieser Veröffentlichung der Studie unmittelbar eine Folge gegeben hat, indem sie ein interministerielles Komitee unter der Koordination des Außenministeriums eingesetzt hat, an dem verschiedene Ministerien1 teilnehmen werden.

Diese Regierungsentscheidung steht im Einklang mit 92% der luxemburgischen Bevölkerung, die sich laut einer TNS-Ilres-Umfrage für ein nationales Gesetz aussprechen. Hinzu kommt eine große Zahl von Abgeordneten aller (!) im Parlament vertretenen Parteien, die sich im November 2020 bei der Aktion "Je suis pour une loi nationale" ebenfalls für ein nationales Gesetz ausgesprochen haben.


Mit der Entscheidung der Regierung, einen ressortübergreifenden Ausschuss einzurichten, wird eine Konkretisierung schnell erfolgen müssen, da wir uns in der Hälfte der Legislaturperiode befinden. Es ist wichtig, jetzt einen Zeitrahmen für diese Arbeit festzulegen. Die Zusammensetzung dieses interministeriellen Komitees wird die (von der Zivilgesellschaft immer wieder geforderte) Politikkohärenz stärken, weil es nach Angaben der Studie, eine Abstimmung der Politik zwischen den verschiedenen Ministerien ermöglicht. Diese Pflicht besteht seit 2012 durch das luxemburgische Kooperationsgesetz und war bereits Gegenstand vieler „Fair politics“ Analysen, um zu vermeiden, dass eine Hand gibt und die andere nimmt.


Konkrete Wege für die luxemburgische Gesetzgebung


Die Arbeit dieses Comité interministériel soll es dem Gesetzgeber in der Folge ermöglichen, ein Gesetz über eine Sorgfaltspflicht zu entwerfen, das laut der Studie - "die Besonderheiten Luxemburgs berücksichtigt" und dabei "alle in Luxemburg ansässigen Unternehmen" abdeckt und "die von Konzerngesellschaften und Filialen in der Wertschöpfungskette des Unternehmens" einschließt.


Außerdem muss ein luxemburgisches Gesetz, um mit dem UNDP (United Nations Guiding Principles on Business and Human rights) übereinzustimmen, "alle international anerkannten Menschenrechte" abdecken.


Damit eine solche Gesetzgebung ausgewogen ist, teilt die Initiative die Anmerkung der Autorin, dass die Berichtspflichten "je nach Größe oder Kapazität der Unternehmen differenziert werden könnten".


In diesem Zusammenhang hebt die Initiative auch ein wichtiges Ergebnis der Studie hervor: "Zukünftige Gesetzgebung sollte ein Gleichgewicht anstreben zwischen dem Gebot, die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen zu verbessern, und der praktischen Notwendigkeit, Unternehmen und Regierungen nicht unverhältnismäßig zu belasten. "Dabei ist zu bedenken, dass die potenziellen Kosten der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wahrscheinlich durch den Nutzen für alle Beteiligten aufgewogen werden", betont die Autorin.


Impaktanalyse der nationalen Gesetzgebung für Unternehmen in Luxemburg


"Trotz verschiedener Bemühungen auf der ganzen Welt haben mehrere Studien gezeigt, dass die Umsetzung der Sorgfaltspflicht durch Unternehmen weiterhin begrenzt ist. Es wächst die Einsicht, dass rein freiwillige Ansätze nicht ausreichen. "Diese Feststellung in der Einleitung der Studie wird von der Zivilgesellschaft in Luxemburg und den Nachbarländern weitgehend geteilt. An dieser Stelle muss betont werden, dass es auch in Luxemburg Pioniere gibt. Diese Pioniere in der luxemburgischen Wirtschaftswelt beweisen jeden Tag aufs Neue, dass eine Sorgfaltspflicht möglich ist und dabei gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Studie stellt außerdem fest, dass sich derzeit 32 Unternehmen aus 8 verschiedenen Wirtschaftssektoren für eine nationale Gesetzgebung zu Menschenrechten und Umwelt explizit aussprechen. Die Studie stellt auch fest, dass damit Kosten und ein gewisser Verwaltungsaufwand verbunden sein werden, aber sie hebt erhebliche Vorteile für die Unternehmen hervor. Laut der in der Studie zitierten OECD: "Due Diligence kann Unternehmen helfen, einen Mehrwert zu schaffen, u.a. durch die Identifizierung von Möglichkeiten zur Kostensenkung, ein besseres Verständnis strategischer Märkte und Bezugsquellen, die Stärkung des Managements von unternehmensspezifischen Geschäfts- und Betriebsrisiken..." Hinzu kommt: "Diese Vorteile können sich in einer besseren Wahrnehmung des Unternehmens manifestieren, sowohl intern als auch extern, was zu weiteren Vorteilen wie besseren Analystenempfehlungen oder niedrigeren Kapitalkosten (vor allem aufgrund des geringeren Risikos und der erhöhten Transparenz) führt. Interne Vorteile wie die erhöhte Fähigkeit, Talente zu halten und anzuziehen, die gesteigerte Produktivität, das bessere Management, des Rufs des Unternehmens und die Wertschöpfung sollten nicht außer Acht gelassen werden.


"Diese Ansichten werden von einer Reihe von Unternehmen, die den im Rahmen der Studie durchgeführten Fragebogen ausgefüllt haben, weitgehend geteilt, wobei sie noch "verbessertes ESG-Risikomanagement", "Verbrauchervertrauen" und "größere Transparenz" hinzufügen.


In Bezug auf den Finanzsektor stellt die Studie fest, dass es derzeit keine empirischen Belege dafür gibt, dass die Verabschiedung verbindlicher Sorgfaltspflichtgesetze Finanzdienstleister dazu veranlassen würde, in Länder abzuwandern, in denen es keine solchen Gesetze gibt.


Die Initiative pour un devoir de vigilance hofft, dass "diese Studie ausreichende Antworten auf die Bedenken einiger Interessengruppen, die in der Umfrage geäußert wurden, gegeben hat".


In einem Kommentar zu Frankreichs Sorgfaltspflichtgesetz argumentierte C. Bright, die in der Studie zitiert wird, dass "im Gegensatz zu den Behauptungen von Kritikern die Gesetzgebung die internationale Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs nicht beeinträchtigt zu haben scheint; das Land zog nach ihrer Verabschiedung ein Rekordniveau an ausländischen Direktinvestitionen an".


Nicht die Menschen vergessen, die von den wirtschaftlichen Aktivitäten in unseren Wertschöpfungsketten betroffen sind


Die Initiative pour un devoir de vigilance würdigt die Qualität der Arbeit von Dr. Basak Baglayan, die alle geäußerten Herausforderungen und Bedenken der verschiedenen Interessengruppen, die sich äußern konnten, berücksichtigt hat. Obwohl der Fokus der Studie ausschließlich auf nationalen Themen lag, ist es gut, dass die Autorin auch die Auswirkungen auf die Opfer, deren Menschenrechte verletzt werden, hervorhebt: "Es wird geschätzt, dass die sozialen, menschlichen und ökologischen Auswirkungen eines verpflichtenden Systems der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht deutlich höher sein werden als die von freiwilligen Richtlinien oder einfachen Berichtspflichten.


" In diesem Zusammenhang haben einige Interessengruppen eine "vollständige wirtschaftliche Folgenabschätzung" der Gesetzgebung gefordert. Im Interesse der Transparenz auf der Ebene der wahren gesellschaftlichen Kosten und einer solchen "vollumfänglichen Evaluation" sollte auf der Ebene unserer Wertschöpfungsketten ein "True Price and True Cost"-Ansatz verfolgt werden. Dies würde es auch ermöglichen, die externen Umwelt- und Sozialkosten zu berücksichtigen, die bei der Herstellung von Fertig- oder Halbfertigprodukten, Rohstoffen und Dienstleistungen in den wichtigsten Produktionsländern im Süden und anderswo auf der Welt entstehen. Soziale Auswirkungen wie Unterbezahlung, Gesundheit und Sicherheit, Überstunden, Sozialschutz, Kinderarbeit, Belästigung, Bedrohung am Arbeitsplatz und Zwangsarbeit sollten ebenfalls in diese "vollumfängliche Evaluation" einbezogen werden. Außerdem sollten die Umweltauswirkungen in Bezug auf Flächennutzung, Wasserknappheit, Boden-, Wasser- und Luftverschmutzung sowie Abfallmanagement berücksichtigt werden.

Die Initiative pour un devoir de vigilance möchte abschließend den letzten Satz der Studie zitieren, dem sie sich anschließen kann: "Ein neues Gesetz sollte in einem "smart mix" von staatlichen Maßnahmen und Politiken zur Verbesserung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in Luxemburg und im Ausland eingebunden werden. "



1 Ministères de l'Economie, des Finances, de la Justice, de l'Environnement, du Climat et du Développement durable, du Travail, de l'Emploi et de l'Economie sociale et solidaire, des Classes moyennes et de la Coopération au développement et de l'Action humanitaire.





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